Offener Brief:
Verbrennung von schwach radioaktivem Atommüll im Müllkraftwerk Schwandorf
Sehr geehrte Frau Maltz-Schwarzfischer,
Sehr geehrte Frau Schweiger
das Bündnis für Atomausstieg und Erneuerbare Energien, BüfA Regensburg, hat kürzlich erfahren, dass im Müllkraftwerk Schwandorf freigemessene Abfälle aus Atomkraftwerken verbrannt werden.
Auf Anfrage bekamen wir vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz diese Auskunft:
Für die Verbrennung spezifisch freigegebener Abfälle des Kernkraftwerks Isar 1 (KKI 1) als nicht radioaktive Stoffe im Sinne der §§ 31-42 Strahlenschutzverordnung ist die Müllverbrennungsanlage Schwandorf vorgesehen. Es wurde seit dem Jahr 2013, also sowohl vor, als auch nach Erteilung der 1. SAG (Erste Genehmigung nach § 7 Absatz 3 des Atomgesetzes zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks Isar 1 vom 17.01.2017) Material an die MVA Schwandorf abgegeben. Dabei handelt es sich um insgesamt ca. 28,0 Mg wie z.B. Kunststoffe, Textilien sowie Filter- und Dämmmaterial.
Für Sonderabfälle wurde die HIM GmbH in Hessen (bisher ca. 10,2 Mg Altöl) genutzt.
Die Beseitigung von spezifisch zur Deponierung freigegebenen Stoffen aus dem KKI 1 findet auf der Reststoffdeponie Spitzlberg statt. Seit dem Jahr 2010 wurden insgesamt ca. 309,4 Mg wie z.B. Bauschutt, Isoliermaterial oder Metalle an diese Deponie abgegeben.
Zur Erklärung da keine übliche Gewichtsbezeichnung: 1 Mg = Megagramm = 1t
Dieser, nach § 29 der Strahlenschutzverordnung freigemessene Atommüll, ist nicht etwa frei von Radioaktivität, wie der Begriff suggeriert.
Er bedeutet nur, dass dieser Atommüll aufgrund seiner schwachen Radioaktivität kein radioaktiver Stoff mehr im Sinne des Atomgesetzes ist und daher nicht mehr öffentlich überwacht werden muss.
Die freigemessenen Abfälle enthalten immer noch radioaktive Isotope aus der Kernspaltung von Uran und Plutonium, die weiterhin mehrere tausend Jahre strahlen werden. Bei der Verbrennung im Müllkraftwerk werden diese radioaktiven Stoffe nicht verändert und verbleiben in den Filterstäuben, in der Ofenschlacke oder werden gar über die Verbrennungsgase unkontrolliert in die Umwelt abgegeben.
Die BüfA Regensburg hat die begründete Sorge, dass seit 2013 durch die Verbrennung von freigegebenem Atommüll im Müllkraftwerk Schwandorf die Bevölkerung gesundheitlich belastet wurde.
Nun haben wir folgende Fragen an Sie als Mitglieder im Zweckverband Müllverwertung Schwandorf und möchten Sie um eine Beantwortung bitten, gerne im Rahmen eines Gesprächs:
- Ist Ihnen als Mitglied im Verwaltungsrat bekannt, dass Abfälle aus dem Rückbau von Atomkraftwerken in der Müllverbrennungsanlage Schwandorf verbrannt werden?
Folgende Fragen wurden von uns Herrn Knoll (Verbandsdirektor ZMS) am 21.07.2020 gestellt:
- Seit wann und in welche Menge werden freigemessene Stoffe angenommen und verbrannt? Bitte mit Mengenangabe/Jahreszahl!
- Ist das Verbrennen von freigemessenen Stoffen mit der Satzung des ZMS konform?
- Ist die technische Ausführung der Verbrennungsanlage für diese Stoffe geeignet und wie werden evtl. kontaminierte Filter (Protokoll der Filteranlage) entsorgt? Wo, da eine hohe Konzentration anzunehmen ist?
- Sind die Mitglieder der Verbandsversammlung über die Annahme und Verbrennung dieser Stoffe informiert worden?
- Wurde das Landesamt für Umwelt und die Regierung der Oberpfalz informiert bzw. beteiligt?
- Wie wird sichergestellt, dass die angelieferten Stoffe die Grenzwerte nicht überschreiten? Welche Grenzwerte werden zugrunde gelegt? Werden diese Messungen, auch Abluftmessungen dokumentiert? Wir bitten um genaue Zeitangaben. Prüfprotokolle?
- Sind die Mitarbeiter mit Dosimeter ausgestattet?
- Wo wird der Restmüll aus der Verbrennung deponiert und welche Mengen sind bisher schon deponiert worden? Bitte um genaue Ortsangabe mit Postleitzahl!
- Über welchen Transportweg und wie oft wird die anfallende Schlacke entsorgt? Menge, untersuchte Stichproben der Schlacke, Anzahl LKW, Sicherung der Verkehrswege!
Zusätzlich wird seit 2019, vermutlich auch eher, Material aus dem Rückbau vom AKW Grafenrheinfeld in Schwandorf angenommen und verbrannt, obwohl dies weit außerhalb des Verbandsgebietes liegt. Wie deckt sich diese Tatsache mit der Aussage des ZMV, dass wegen hoher Auslastung keinen Gewerbemüll außerhalb ihres Verbands annehmen kann?
Die BüfA Regensburg ist der Auffassung, dass freigemessener Atommüll nicht verbrannt werden darf, sondern weiterhin der Überwachung durch das Atomgesetz unterliegt. Dazu wäre eine Aufnahme in die Ausschlußliste des ZMV von freigemessenem Abfall aus kerntechnischen Anlagen durch die Verbandsmitglieder zu empfehlen. Beispielsweise weigern Müllverbrennungsanlagen (z. B. MVA Weissenhorn LKR Neu-Ulm) die Verbrennung von freigemessenem Müll rückgebauter Atomkraftwerke.
Im Müllkraftwerk Schwandorf muss zusätzlich zu den bereits gemessenen Schadstoffen auch die Radioaktivität kontinuierlich gemessen und veröffentlicht werden.
Mit freundlichen Grüßen,
Petra Filbeck
Wolfgang Wegmann
Franz Waldmann
Walter Nowotny
Sprecher*in BüfA Regensburg
BüfA Regensburg n.e.V.
Bündnis für Atomausstieg und Erneuerbare Energien
c/o Petra Filbeck
Germanenstr. 9
93107 Thalmassing
0151 11684175